Herr Tebroke, immer wieder ist zu lesen, dass die Corona-Pandemie einen Trend raus aus der Stadt zum Landleben beflügelt. Sehen Sie diesen Trend auch?
Ich würde noch nicht von einem starken Trend sprechen, aber freue mich, dass es ei- ne größere Wertschätzung gibt für die Mög- lichkeiten, im ländlichen Raum zu leben.
Was bietet der ländliche Raum mehr als die Stadt? Selbst manche Wildtiere wie Füchse sieht man eher in der Stadt.
Der ländliche Raum hat sehr viel zu bieten, insbesondere die Naturnähe. Er ist viel stärker von Wäldern, von Landwirtschaft geprägt und er hat in der Regel einen höheren Erholungswert. Die Siedlungsdichte ist deutlich geringer, was auch dazu führt, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt ausgeprägter ist. Die Menschen kennen einander, es gibt eine höhere Verbundenheit, ein stärker ausgeprägtes ehrenamtliches Engagement. Das macht ländlichen Raum aus. Man muss aber auch unterscheiden zwischen den ländlichen Räumen selbst.
Inwiefern?
Ländliche Räume unterscheiden sich insbesondere darin, ob es nahe Ballungsräume gibt oder nicht. Das hat viele Konsequenzen, etwa für Infrastrukturanforderungen.
Ihr Wahlkreis, der Rheinisch-Bergische Kreis, grenzt an Köln, hat gute Verkehrsanbindungen und ländlichen Raum.
Das stimmt. Wir haben die Vorteile zweier Welten miteinander verbunden: die Nähe zur Natur und die Nähe zu den Ballungsräumen mit ihren kulturellen Angeboten und ihrer wirtschaftlichen Kraft.
In abgelegenen Regionen werden wegen des Bevölkerungsschwunds Einrichtungen stärker zentralisiert, vom Schwimmbad bis zum Krankenhaus, und die Entfernungen dann größer, weshalb noch mehr wegziehen.
Die Erreichbarkeit von Versorgungsleistungen ist ein wesentlicher Punkt, wie auch die Erreichbarkeit von Arbeitsmöglichkeiten. Wichtig ist und bleibt eine gute Verkehrsanbindung. Wenn Arbeitsplätze und Angebote des täglichen Bedarfs in dünner besiedelten Gebieten nicht verfügbar oder wegen mangelnder öffentlicher Verkehrsanbindung nur schlecht zu erreichen sind, werden Menschen – auch wenn es ihren Präferenzen möglicherweise nicht entspricht – stadtnäher wohnen müssen. Wenn eine leistungsfähige digitale Infrastruktur eine Flexibilisierung des Arbeitsortes ermöglicht, kann man lange Wege meiden und die Vorteile des ländlichen Raums noch besser nutzen. Ich beobachte auch hier in den etwas – wie Sie sagen – „abgelegenen“ Teilen des Bergischen Landes mehr Stadtortentscheidungen zugunsten des ländlichen Raums, wenn zum Beispiel Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber Arbeit im privaten Homeoffice oder in Co-Working-Spaces ermöglichen.
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